Donnerstag, 25.05.2017
Der
einzig wahre Grund und das eigentliche Ziel der Reise war – wer
mich kennt, der hat es vielleicht schon geahnt - der Besuch in Saint
Claude, im letzten Jahrhundert das Zentrum der Pfeifenproduktion in
Europa und auch heute noch unter Pfeifenfreunden vielleicht nicht
mehr berühmt, aber doch gut bekannt.
Da
das Camping Martinet sehr idyllisch im Tal liegt, war es doch etwas
kühl in der Nacht gewesen. Die Sonne brauchte am Morgen eine Weile,
bis sie hinter den Bergen hervorkam und es wärmer wurde.
Es
war der 25.Mai, Donnerstag und Christi Himmelfahrt. Auch in
Frankreich ist Christi Himmelfahrt (Ascension)
ein Feiertag. Allerdings haben in Frankreich – wie übrigens auch
an Sonntagen – die etwas grösseren Supermärkte vormittags
geöffnet.
In
der Hoffnung, dass auch die Pfeifengeschäfte geöffnet haben,
standen auf meiner Liste der Besuch der Läden von Genod, Lacroix und
La Pipe rit, in denen ich jeweils eine Pfeife kaufen wollte und
natürlich der Besuch den Pfeifen- und Diamantmuseums.
Also
habe ich mich nach einem Kaffee und einem kleinen Frühstück gegen
09.30h mit dem Rad auf den Weg nach Saint Claude zum Einkaufen
gemacht.
Auf
dem Weg in die Stadt konnte ich unter der historischen
Citröen-Werbung auch gleich die Werbung von „La Pipe rite“
entdecken. Einer der Pfeifenläden, die ich besuchen wollte. Der Tag
fängt gut an...
Auf
der Fahrt zum Supermarkt, der etwas ausserhalb lag, konnte ich mir
schon einen kleinen Überblick über Saint Claude verschaffen.
Saint
Claude liegt in einem von dem Flüsschen Bienne tief eingeschnittenen
Tal. Die etwas „besseren“ Viertel mit Kathedrale, Marktplatz und
Geschäftsviertel liegen im oberen Bereich der Stadt, während sich
direkt am Fluss die etwas einfacheren Quartiere, die Gewerbe- und
Fabrikgebäude befanden.
Der
Grund - die Wasserkraft war einer der wichtigsten Energielieferanten
für die aufstrebende Industrie (auch der Pfeifenindustrie) im Saint
Claude des späten 19. Jahrhunderts. So wurden auch in den
Werkstätten von Genod die Maschinen zur Pfeifenherstellung über ein
Wasserrad und Transmissionsriemen angetrieben. Aber dazu später.
Auf
jeden Fall musste ich auf dem Weg zum Supermarkt eine Brücke
überqueren, die mir einen schönen Ausblick auf die unterhalb
liegenden Stadtteile erlaubte.
Ich
war ja bisher kein Freund von Reisen in die Berge und ich würde auch
nicht behaupten wollen, dass sich das von heute auf morgen ändern
würde.
Und
das hat auch wirklich nichts mit dem vorangegangenen Tag zu tun.
Aber
als ich auf der Brücke stand und das ganze Tal überschauen konnte,
da mat mich das Panorama, das sich mir bot, durchaus fasziniert.
Gut
möglich, dass das gute Wetter keinen geringen Anteil an dieser
Faszination hatte, bei Regen und schlechter Sicht würde hier wohl
etwas anderes stehen.
Aber
zurück zum Einkauf. Der Carrefour war schnell gefunden, auch wenn
ich ihn im ersten Moment übersehen habe und vorbeigefahren bin. Aber
wozu gibt es das Smartphon & Google maps und einen Kilometer in
die falsche Richtung ist jetzt nicht so schlimm.
Eins
möchte ich vorab sagen. Auf dieser Reise habe ich mich in
französische Supermärkte verliebt. Warum? Schwer zu sagen.
Vielleicht wegen des Angebotes, der Frischetheken, der Produkte,
keine Ahnung. Jedenfalls finde ich französische Supermärkte toll.
Im
Carrefour habe ich alles gefunden, was ich gesucht habe. Wurst,
leckeren Comte-Käse, Baguette (die Ernährungsgrundlagen für die
nächsten Tage überhaupt), Obst, ein kleines Glas des allseits
bekannten Nuss-Nougat-Brotaufstriches, weil ich früh gern etwas
Süsses esse, aber keine Butter und keine Marmelade mitnehmen wollte.
Ein grosses Bier (groß heißt in diesem Fall 0,75l mit 7,1%) für
die nötige Bettschwere am Abend und Tee für die Thermoskanne
unterwegs. In einem der Regale stach mir dann noch eine Dose Boeuf
Bourguignon ins Auge, die ich beschloss, diese als eiserne Reserve
mitzunehmen. Boeuf Bourguignon hatte ich schon selber gekocht und
fande es ziemlich lecker. Warum also nicht.
Nachdem
ich derart versorgt das Überleben zumindestens bis zum nächsten Tag
sichergestellt hatte, machte ich mich auf den Weg zurück nach Saint
Claude, um den angenehmsten Teil meines Tagesplanes umzusetzen.
Bereits
auf dem Weg zum Supermarkt war ich an allen 3 Pfeifengeschäften (die
übrigens gleich nebeneinander liegen, sehr praktisch) vorbeigekommen
und brauchte nicht allzu lange suchen.
Nachdem
ich die Auslagen der drei Geschäfte studiert hatte, entschied ich
mich, zuerst Genod einen Besuch abzustatten.
Von
Genod hatte ich im vergangenen Jahr bereits drei Pfeifen gekauft und
war von Qualität, Verarbeitung und Preis mehr als angetan.
Im
Laden selbst gab es überwiegend klassische Modelle von Genod, von
petite bis giante. Trotz meiner kaum mehr als rudimentär zu
bezeichnenden Französichkenntnisse konnte ich mich verständlich
machen und verließ den Laden mit einer netten, kleinen Pfeife und
einem Schlüsselanhänger in Pfeifenform (das klassische St-Claude
Souvenir, nettes Mitbringsel, auch für Nichtraucher...) um gleich
nach nebenan in den nächsten Laden zu gehen.
Da
wäre also der Laden „La Pipe rit“ von Roger Vincent, laut
Internet die beste Adresse für Pfeifen in Saint Claude.
Ein
schön eingerichteter und modener Laden. Hier habe ich mir das
Vergnügen gemacht, mich etwas gründlicher umzuschauen. Ein gutes
Angebot verschiedenster Hertseller, wobei natürlich auch hier die
französischen Hersteller besonders Präsent waren. Neben höher- und
mittelpreisigen Modellen gab es auch auch ein gutes Angebot an sehr
gut gemachten, preiswerten Pfeifen.
Da
habe ich mich für ein St. Claude gestempelte sandgestrahltes Modell
entschieden.
Zu
Guter letzt noch Lacroix. Im Schaufenster hatte ich mir bereits ein
Modell ausgesucht. Im Laden schien die Zeit stehen geblieben zu sein,
ich kam mir vor, als wäre ich in die sechziger Jahre versetzt
worden. Die Dame hinter dem Tresen schien auch seit dieser Zeit zu
stammen. Aber sehr nett war sie. Ich hab zwar sie nicht verstanden
und sie mich nicht, aber dank Zeichensprache konnte ich ihr
verständlich machen, für welches Modell ich mich interessiere. Dann
holte sie einen Karton hervor, in dem sich mehrere meines
favorisierten Modells befanden und ich konnte mir die aussuchen, die
mir am besten gefiel.
Das
war die Ausbeute dieses Tages:
links Genod, in der Mitte Lacroix, rechts St Clude
Inzwischen
hatte die Sonne ihren Zenit erreicht, die Temperatur näherten sich
unerbittlich der dreißig-Grad-Marke.
Gleich
gegenüber befand sich ein Bistro. Was lag da näher, sich einen
Platz im Schatten zu suchen, einen Kaffee zu trinken, nach dem
erfolgreichen Einkauf erst einmal ein Pfeifchen zu rauchen, ein wenig
der französischen Lebensart zu frönen und das Leben auf den Straßen
zu beobachten... gepflegtes Abhängen gewissermaßen.
Was
mir auffiel – punkt zwölf wurden vor den Läden die Aufsteller
hereingeholt,und die Läden geschlossen. Gleichzeitig leerten sich
Straßen in denen gerade eben noch reges Leben herrschte und es füllten sich die Restaurants.
Kollektive Mittagspause gewissermaßen.
Nach
dem Kaffee, dem Pfeifchen und noch einem schönen kalten Bier setzte
ich mich wieder aufs Rad, um noch einige Blicke auf Saint Claude zu
werfen und mir etwas zum Mittagessen zu suchen.
das wohl am meisten fotografierte Motiv in St. Claude |
Die Rue de Poyat sollte ich am nächsten Tag mit Gepäck runterfahren... |
...der Grund dafür steht auf dem untersten Schild |
Nachdem
ich noch etwas ziellos durch die Stadt geradelt bin und in einer
Pizzeria noch etwas zum Mittag gegessen habe, bin ich schließlich am
letzten Tagesordnungspunkt angekommen, dem „Musée de la Pipe et du
Diamant“.
Es
war natürlich noch nicht 15 Uhr, die kollektive Siesta noch nicht
beendet und das Museum somit auch noch geschlossen.
Mit
der Zeit fanden sich noch einige andere potenzielle Besucher ein.
Auch
einige Rennradfahrer im gesetzten Alter, der jüngste mochte Anfang
oder Mitte sechzig gewesen sein, hatten sich auf dem Parkplatz vor
dem Museum zu einer Tour verabredet. Der Aufforderung, sie zu
begleiten, habe ich nach kurzer Überlegung und einem Vergleich
meines Reisepanzers mit ihren Rennrädern dankend abgelehnt.
Außerdem
waren die Damen von der Museumskasse gerade erschienen und hatten die
Türen geöffnet. Ein guter Grund, abzulehnen, ohne das Gesicht zu
verlieren.
Das
Museum, es war für mich kein Highlight. Vielleicht bin ich etwas
verwöhnt, aber es erinnerte mich an die Museen, wie ich sie noch aus
meiner Kindheit kannte. Hier war die moderne Museumspädagogik
definitiv noch nicht angekommen. Alles wirkte etwas, wie soll ich
sagen – etwas angestaubt.
Es
gibt zwei parallele Ausstellungen, einmal über den Ursprung der
Diamantenschleiferei und den Teil über die Pfeifenindustrie in Saint
Claude.
Es
gab auch Multimedia, einen Film über die Entwicklung der
Diamantschleiferei, da bin ich eingeschlafen. Dann einen Film über
die Geschichte der Pfeifenherstellung, produziert von der Confrérie
des Maîtres Pipiers de Saint-Claude. Da hätte ich auch
weiterschlafen können.
Anschließend
habe ich mir die Pfeifenausstellung angesehen. Die Ausstellung
besteht im Großen und Ganzen aus fünf Räumen, wovon zwei der
Confrérie des Maîtres Pipiers de Saint-Claude vorbehalten sind. Im
ersten Raum kann man etwas zur Geschichte der Pfeifen und zu ihrer
Herstellung sehen.Dann noch ein Raum über Pfeifen aus aller Welt. Naja.
Das
wohl imposanteste Stück stand in der Mitte des Raumes.
Jeder
Pfeifenraucher hat schon einmal Pfeifen gesehen, die die Form von
Köpfen haben. Hier stand eine große mechanische Kopierfräse von
Louis Lamberthoud aus dem 19.Jahrhundert, die über
Tansmissionsriemen angetrieben wurde (→ Wasserrad) und bis zu 14
Pfeifen auf einmal hergestellt werden konnten.
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Quelle: http://lapipedesaintclaude.com/ |
Dann
kommen zwei Räume der Confrérie des Maîtres Pipiers de
Saint-Claude.
Im
ersten Raum sind die Pfeifen in an den Wänden angebrachten
Glasvitrinen ausgestellt, die die Mitglieder der Bruderschaft bei
ihrer Aufnahme geraucht haben und die dann dort verblieben. Jede
Pfeife ist mit dem Namen des Besitzers geknnzeichnet und alles schön
nach Aufnahmejahr geordnet, bis einschließlich 2016.
Dann
noch der Versammlungsraum der Confrérie
des Maîtres Pipiers de Saint-Claude.
Dort konnte man sich noch ein
Video über die Aufnahmeprozedur der Bruderschaft anschauen.
In Richtung Ausgang kam dann der letzte Raum. Dieser war den Pfeifenkünstlern - oder eher Pfeifenschnitzern vorbehalten. Es gab alle möglichen handgeschnitzten Pfeifen, Köpfe, Tiere, sämtliche Präsidenten der französischen Republik (bis auf Macron, der war wohl noch nicht fertig), ich glaube, selbst Obama war dabei.
Es gibt schinbar nichts, was man nicht aus einem Stück Bruyereholz machen und in Pfeifenform bringen kann.
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Quelle: http://lapipedesaintclaude.com/ |
Das soll keineswegs abwertend klingen. Diese Pfeifen sind wirklich toll gemacht, dass sehr viel Geschick, Talent und handwerkliches Können in den Pfeifen steckt, ist nicht zu übersehen, wenn man auch über die Motive geteilter Meinung sein kann.
Meine Meinung zum Museum?
wenn ich ehrlich bin - wenn man in Saint Claude ist, und Zeit hat, kann man es sich anschauen, aber man sollte keine allzu großen Erwartungen hegen.
Danach
fand ich es an der Zeit, wieder zum Zeltplatz zurück zu radeln, um
den Rest des Tages mit einem Krimi auf dem Tolino im Helinox bei
einer großen Flasche Elsässer Bier zu verbringen und mich so
seelisch und moralisch auf die nächste Etappe einzustimmen.
Tageskilometer: 13
Reine Fahrzeit: vielleicht 1,5 h
Höhenmeter: etwa 150
Fortsetzung folgt...
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