Mittwoch, 14. Juni 2017

Saint Claude, die Stadt der Pfeifen

Donnerstag, 25.05.2017





Der einzig wahre Grund und das eigentliche Ziel der Reise war – wer mich kennt, der hat es vielleicht schon geahnt - der Besuch in Saint Claude, im letzten Jahrhundert das Zentrum der Pfeifenproduktion in Europa und auch heute noch unter Pfeifenfreunden vielleicht nicht mehr berühmt, aber doch gut bekannt.


Dafür war ein Pausentag gedacht, den ich nach dem ersten Tag auch gern in Anspruch genommen habe.

Da das Camping Martinet sehr idyllisch im Tal liegt, war es doch etwas kühl in der Nacht gewesen. Die Sonne brauchte am Morgen eine Weile, bis sie hinter den Bergen hervorkam und es wärmer wurde.
Es war der 25.Mai, Donnerstag und Christi Himmelfahrt. Auch in Frankreich ist Christi Himmelfahrt (Ascension) ein Feiertag. Allerdings haben in Frankreich – wie übrigens auch an Sonntagen – die etwas grösseren Supermärkte vormittags geöffnet.
In der Hoffnung, dass auch die Pfeifengeschäfte geöffnet haben, standen auf meiner Liste der Besuch der Läden von Genod, Lacroix und La Pipe rit, in denen ich jeweils eine Pfeife kaufen wollte und natürlich der Besuch den Pfeifen- und Diamantmuseums.

Also habe ich mich nach einem Kaffee und einem kleinen Frühstück gegen 09.30h mit dem Rad auf den Weg nach Saint Claude zum Einkaufen gemacht.
Auf dem Weg in die Stadt konnte ich unter der historischen Citröen-Werbung auch gleich die Werbung von „La Pipe rite“ entdecken. Einer der Pfeifenläden, die ich besuchen wollte. Der Tag fängt gut an...


Auf der Fahrt zum Supermarkt, der etwas ausserhalb lag, konnte ich mir schon einen kleinen Überblick über Saint Claude verschaffen.

Saint Claude liegt in einem von dem Flüsschen Bienne tief eingeschnittenen Tal. Die etwas „besseren“ Viertel mit Kathedrale, Marktplatz und Geschäftsviertel liegen im oberen Bereich der Stadt, während sich direkt am Fluss die etwas einfacheren Quartiere, die Gewerbe- und Fabrikgebäude befanden.
Der Grund - die Wasserkraft war einer der wichtigsten Energielieferanten für die aufstrebende Industrie (auch der Pfeifenindustrie) im Saint Claude des späten 19. Jahrhunderts. So wurden auch in den Werkstätten von Genod die Maschinen zur Pfeifenherstellung über ein Wasserrad und Transmissionsriemen angetrieben. Aber dazu später.

Auf jeden Fall musste ich auf dem Weg zum Supermarkt eine Brücke überqueren, die mir einen schönen Ausblick auf die unterhalb liegenden Stadtteile erlaubte.


 
Ich war ja bisher kein Freund von Reisen in die Berge und ich würde auch nicht behaupten wollen, dass sich das von heute auf morgen ändern würde.

Und das hat auch wirklich nichts mit dem vorangegangenen Tag zu tun.

Aber als ich auf der Brücke stand und das ganze Tal überschauen konnte, da mat mich das Panorama, das sich mir bot, durchaus fasziniert.

Gut möglich, dass das gute Wetter keinen geringen Anteil an dieser Faszination hatte, bei Regen und schlechter Sicht würde hier wohl etwas anderes stehen.

 
Aber zurück zum Einkauf. Der Carrefour war schnell gefunden, auch wenn ich ihn im ersten Moment übersehen habe und vorbeigefahren bin. Aber wozu gibt es das Smartphon & Google maps und einen Kilometer in die falsche Richtung ist jetzt nicht so schlimm. 
Eins möchte ich vorab sagen. Auf dieser Reise habe ich mich in französische Supermärkte verliebt. Warum? Schwer zu sagen. Vielleicht wegen des Angebotes, der Frischetheken, der Produkte, keine Ahnung. Jedenfalls finde ich französische Supermärkte toll. 
Im Carrefour habe ich alles gefunden, was ich gesucht habe. Wurst, leckeren Comte-Käse, Baguette (die Ernährungsgrundlagen für die nächsten Tage überhaupt), Obst, ein kleines Glas des allseits bekannten Nuss-Nougat-Brotaufstriches, weil ich früh gern etwas Süsses esse, aber keine Butter und keine Marmelade mitnehmen wollte. Ein grosses Bier (groß heißt in diesem Fall 0,75l mit 7,1%) für die nötige Bettschwere am Abend und Tee für die Thermoskanne unterwegs. In einem der Regale stach mir dann noch eine Dose Boeuf Bourguignon ins Auge, die ich beschloss, diese als eiserne Reserve mitzunehmen. Boeuf Bourguignon hatte ich schon selber gekocht und fande es ziemlich lecker. Warum also nicht.
Nachdem ich derart versorgt das Überleben zumindestens bis zum nächsten Tag sichergestellt hatte, machte ich mich auf den Weg zurück nach Saint Claude, um den angenehmsten Teil meines Tagesplanes umzusetzen.
Bereits auf dem Weg zum Supermarkt war ich an allen 3 Pfeifengeschäften (die übrigens gleich nebeneinander liegen, sehr praktisch) vorbeigekommen und brauchte nicht allzu lange suchen.

Nachdem ich die Auslagen der drei Geschäfte studiert hatte, entschied ich mich, zuerst Genod einen Besuch abzustatten.  
Von Genod hatte ich im vergangenen Jahr bereits drei Pfeifen gekauft und war von Qualität, Verarbeitung und Preis mehr als angetan.

Im Laden selbst gab es überwiegend klassische Modelle von Genod, von petite bis giante. Trotz meiner kaum mehr als rudimentär zu bezeichnenden Französichkenntnisse konnte ich mich verständlich machen und verließ den Laden mit einer netten, kleinen Pfeife und einem Schlüsselanhänger in Pfeifenform (das klassische St-Claude Souvenir, nettes Mitbringsel, auch für Nichtraucher...) um gleich nach nebenan in den nächsten Laden zu gehen.

Da wäre also der Laden „La Pipe rit“ von Roger Vincent, laut Internet die beste Adresse für Pfeifen in Saint Claude.
Ein schön eingerichteter und modener Laden. Hier habe ich mir das Vergnügen gemacht, mich etwas gründlicher umzuschauen. Ein gutes Angebot verschiedenster Hertseller, wobei natürlich auch hier die französischen Hersteller besonders Präsent waren. Neben höher- und mittelpreisigen Modellen gab es auch auch ein gutes Angebot an sehr gut gemachten, preiswerten Pfeifen.

Da habe ich mich für ein St. Claude gestempelte sandgestrahltes Modell entschieden.

Zu Guter letzt noch Lacroix. Im Schaufenster hatte ich mir bereits ein Modell ausgesucht. Im Laden schien die Zeit stehen geblieben zu sein, ich kam mir vor, als wäre ich in die sechziger Jahre versetzt worden. Die Dame hinter dem Tresen schien auch seit dieser Zeit zu stammen. Aber sehr nett war sie. Ich hab zwar sie nicht verstanden und sie mich nicht, aber dank Zeichensprache konnte ich ihr verständlich machen, für welches Modell ich mich interessiere. Dann holte sie einen Karton hervor, in dem sich mehrere meines favorisierten Modells befanden und ich konnte mir die aussuchen, die mir am besten gefiel.
Das war die Ausbeute dieses Tages:

   links Genod, in der Mitte Lacroix, rechts St Clude

Inzwischen hatte die Sonne ihren Zenit erreicht, die Temperatur näherten sich unerbittlich der dreißig-Grad-Marke.

Gleich gegenüber befand sich ein Bistro. Was lag da näher, sich einen Platz im Schatten zu suchen, einen Kaffee zu trinken, nach dem erfolgreichen Einkauf erst einmal ein Pfeifchen zu rauchen, ein wenig der französischen Lebensart zu frönen und das Leben auf den Straßen zu beobachten... gepflegtes Abhängen gewissermaßen.


Was mir auffiel – punkt zwölf wurden vor den Läden die Aufsteller hereingeholt,und die Läden geschlossen. Gleichzeitig leerten sich Straßen in denen gerade eben noch reges Leben herrschte und es füllten sich die Restaurants. 
Kollektive Mittagspause gewissermaßen.


Nach dem Kaffee, dem Pfeifchen und noch einem schönen kalten Bier setzte ich mich wieder aufs Rad, um noch einige Blicke auf Saint Claude zu werfen und mir etwas zum Mittagessen zu suchen.

das wohl am meisten fotografierte Motiv in St. Claude
Rue du Marché, die Hauptgeschäftsstrasse von St. Claude
Die Rue de Poyat sollte ich am nächsten Tag mit Gepäck runterfahren...


...der Grund dafür steht auf dem untersten Schild
Nachdem ich noch etwas ziellos durch die Stadt geradelt bin und in einer Pizzeria noch etwas zum Mittag gegessen habe, bin ich schließlich am letzten Tagesordnungspunkt angekommen, dem „Musée de la Pipe et du Diamant“.


Es war natürlich noch nicht 15 Uhr, die kollektive Siesta noch nicht beendet und das Museum somit auch noch geschlossen.

Mit der Zeit fanden sich noch einige andere potenzielle Besucher ein.

Auch einige Rennradfahrer im gesetzten Alter, der jüngste mochte Anfang oder Mitte sechzig gewesen sein, hatten sich auf dem Parkplatz vor dem Museum zu einer Tour verabredet. Der Aufforderung, sie zu begleiten, habe ich nach kurzer Überlegung und einem Vergleich meines Reisepanzers mit ihren Rennrädern dankend abgelehnt.

Außerdem waren die Damen von der Museumskasse gerade erschienen und hatten die Türen geöffnet. Ein guter Grund, abzulehnen, ohne das Gesicht zu verlieren.



Das Museum, es war für mich kein Highlight. Vielleicht bin ich etwas verwöhnt, aber es erinnerte mich an die Museen, wie ich sie noch aus meiner Kindheit kannte. Hier war die moderne Museumspädagogik definitiv noch nicht angekommen. Alles wirkte etwas, wie soll ich sagen – etwas angestaubt.

Es gibt zwei parallele Ausstellungen, einmal über den Ursprung der Diamantenschleiferei und den Teil über die Pfeifenindustrie in Saint Claude.

Es gab auch Multimedia, einen Film über die Entwicklung der Diamantschleiferei, da bin ich eingeschlafen. Dann einen Film über die Geschichte der Pfeifenherstellung, produziert von der Confrérie des Maîtres Pipiers de Saint-Claude. Da hätte ich auch weiterschlafen können.

Anschließend habe ich mir die Pfeifenausstellung angesehen. Die Ausstellung besteht im Großen und Ganzen aus fünf Räumen, wovon zwei der Confrérie des Maîtres Pipiers de Saint-Claude vorbehalten sind. Im ersten Raum kann man etwas zur Geschichte der Pfeifen und zu ihrer Herstellung sehen.Dann noch ein Raum über Pfeifen aus aller Welt. Naja.

Das wohl imposanteste Stück stand in der Mitte des Raumes.

Jeder Pfeifenraucher hat schon einmal Pfeifen gesehen, die die Form von Köpfen haben. Hier stand eine große mechanische Kopierfräse von Louis Lamberthoud aus dem 19.Jahrhundert, die über Tansmissionsriemen angetrieben wurde (→ Wasserrad) und bis zu 14 Pfeifen auf einmal hergestellt werden konnten.


Quelle: http://lapipedesaintclaude.com/



Dann kommen zwei Räume der Confrérie des Maîtres Pipiers de Saint-Claude.

Im ersten Raum sind die Pfeifen in an den Wänden angebrachten Glasvitrinen ausgestellt, die die Mitglieder der Bruderschaft bei ihrer Aufnahme geraucht haben und die dann dort verblieben. Jede Pfeife ist mit dem Namen des Besitzers geknnzeichnet und alles schön nach Aufnahmejahr geordnet, bis einschließlich 2016.

Dann noch der Versammlungsraum der Confrérie des Maîtres Pipiers de Saint-Claude. 

Quelle: http://lapipedesaintclaude.com/
 
Dort konnte man sich noch ein Video über die Aufnahmeprozedur der Bruderschaft anschauen.

 
In Richtung Ausgang kam dann der letzte Raum. Dieser war den Pfeifenkünstlern - oder eher Pfeifenschnitzern vorbehalten. Es gab alle möglichen handgeschnitzten Pfeifen, Köpfe, Tiere, sämtliche Präsidenten der französischen Republik (bis auf Macron, der war wohl noch nicht fertig), ich glaube, selbst Obama war dabei.
Es gibt schinbar nichts, was man nicht aus einem Stück Bruyereholz machen und in Pfeifenform bringen kann.

Quelle: http://lapipedesaintclaude.com/

Das soll keineswegs abwertend klingen. Diese Pfeifen sind wirklich toll gemacht, dass sehr viel Geschick, Talent und handwerkliches Können in den Pfeifen steckt, ist nicht zu übersehen, wenn man auch über die Motive geteilter Meinung sein kann.

Meine Meinung zum Museum?
wenn ich ehrlich bin - wenn man in Saint Claude ist, und Zeit hat, kann man es sich anschauen, aber man sollte keine allzu großen Erwartungen hegen.



Danach fand ich es an der Zeit, wieder zum Zeltplatz zurück zu radeln, um den Rest des Tages mit einem Krimi auf dem Tolino im Helinox bei einer großen Flasche Elsässer Bier zu verbringen und mich so seelisch und moralisch auf die nächste Etappe einzustimmen.


Tageskilometer: 13
Reine Fahrzeit: vielleicht 1,5 h
Höhenmeter: etwa 150

Fortsetzung folgt...






 


 

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